RUHIGE SEEOBERFLÄCHE

…ist das nächste, nach der Einzelausstellung „Wind und Wasser“ 2021 heraus entstandene, Projekt. In dieser Ausstellung stelle ich 17 Werke vor, die von 2022 bis heute entstanden sind. Sie werden mit den folgenden Materialien gezeigt: Lack- und Ölfarbe sowie Acryl.

Bisher ist „Ruhige Seeoberfläche“ ein Projekt, das in eine andere Richtung entwickelt wird als „Wind und Wasser“: die Erforschung historischer Fragen im Zusammenhang mit der Geschichte des Post-Vietnamkriegs und den Veränderungen im modernen gesellschaftlichen Leben im globalen Kontext.

Auch wenn der Krieg in meinem Heimatland schon fast 50 Jahre zurückliegt, seine Spuren sind immer noch da. Der Bombenkrater ist eines der verbleibenden typischen historischen Zeugnisse, die wir direkt in der Natur sehen und beobachten können. Im Laufe der Zeit haben sie ihr Aussehen verändert und sich in kleine Seen auf Feldern oder in Gärten verwandelt. Aus einer schmerzhaften Geschichte, die viele traurige Erinnerungen bewahrt, haben wir heute diese „Seen“ in Aquakulturflächen umgewandelt, um Reis  anzubauen oder Fische zu züchten. Davon ausgehend entwickelte ich diese Idee zu einem Konzept für diese Ausstellung und baute die Arbeit in drei verschiedenen Layoutstrukturen auf.

Die Gemälde dieses Projektes stellen die Oberfläche des Sees dar, die ich in einem Moment eines friedlichen und emotionalen Nachmittags gemalt habe. Das spezifische Bild eines Bombenkratersees taucht hier nicht mehr direkt auf, es ist für mich nur noch ein Schlüsselkonzept für die Gestaltung dieser Werkreihe. Stattdessen sieht das Publikum nur horizontale Wassermotive, die auf der Oberfläche des Gemäldes verlaufen, zusammen mit vagen, geordneten Raumanordnungen. Das von mir geschaffene Motiv entstand aus der Beobachtung der Bewegung von Wellen und Wasser in der Natur. Als nächstes habe ich es stilisiert, den Raum abstrahiert und ihn vergrößert, um einen visuellen Eindruck und das Gefühl zu erzeugen, sich auf der Oberfläche des Gemäldes zu bewegen und zu schweben. Durch die Technik des dünnen Malens vieler überlappender Schichten Acrylmaterials, mit Hilfe der Airbrush-Maltechnik, kombiniert mit einer oberen Schicht Ölfarbe, dargestellt im geometrischen Raum mittels abstrakten Expressionismus entsteht die die Kompositionsstruktur Nr. 1.

Bild 01

Kompositionsstruktur Nr. 2

Es handelt sich um eine Erweiterung der Struktur Nr. 1 und ist hinsichtlich des Ausdrucks innovativ erneuert. Diese Struktur ist eine Weiterentwicklung der Gemäldeserie „Wind und Wasser“ (2021). Sie entstehen aus gegensätzlichen Beziehungen zwischen natürlichen und philosophischen Phänomenen wie Sonne und Regen, Licht und Dunkelheit, Tag und Nacht, Yin und Yang, Männern und Frauen u. a.

Das Gesamtwerk ist in zwei separate Teile gegliedert und durch Fäden logisch miteinander verbunden. Von den Grundkompositionen in der Malerei habe ich die Methode der Variation bei Figuren, der Wiederholung bei Motiven, dem Schneiden von Löchern in die Malfläche (Collage) und dem Eliminieren unnötiger überschüssiger Fläche verwendet. Dadurch interagiert die gesamte Struktur des Werks direkt mit der natürlichen Umgebung draußen. Gleichzeitig strebe ich auch eine neue Struktur in der modernen Malerei an, die mit traditionellen Lack-Materialien ausgedrückt wird. Die gesamte obige Struktur basiert auf der grafischen Sprache und wird in einer vertikalen Richtung der geometrischen, abstrakten Malerei entwickelt.

Bild 02

Ausgehend von der Konzeptmalerei und der theoretischen Kombination fraktaler Geometrie werden Motive wiederholt, um den Grundriss der dritten Struktur zu schaffen. Dadurch wird  die gesamte Arbeit in die Suche nach einem Anfang und einem Ende verwandelt. Der Fokus von Farbe und Licht wird bewusst über die gesamte Fläche verteilt. Mit einer Stärke von 80 cm ragt das Werk aus der Wandfläche heraus und es entsteht eine geometrische Holzstruktur. Die Oberfläche des Werks ist nicht mehr flach, wie die beiden oben genannten 2D-Strukturen, sondern steht kurz davor, sich in 3D zu verwandeln. Derzeit ist es für das Publikum schwierig, klar zu bestimmen, wo die Grenzen ​​von Malerei und Skulptur liegen. Gleichzeitig spielt das Werk eine Rolle bei der Erweiterung der Grenze von der Malerei zur Skulptur weiter zur Installationskunst. Damit trägt das Werk zur Schaffung einer heilenden Verbindung im Bruch zwischen den Formen der bildenden Kunst in Vietnam bei.  

Die Arbeit „Welle“ drückt sich durch eine reliefartige dicke Schicht Lackmaterial aus und ist auch der erste Schritt zur Vorbereitung der nächsten Entwicklungsrichtung des zukünftigen Raumprojekts.

Bild 03

Bonn, Deutschland

Van Son Le